Corona-Problematik auf dem Taubenschlag

Weil unser tägliches Leben zur Zeit durch die Coronavirus-Pandemie mit allem dazugehörigen Elend beherrscht wird, bekomme ich viele Fragen, was nun, während wir auf den Beginn der Reisesaison warten, mit unseren Tauben zu tun oder nicht zu tun ist. Die Chance, dass wir mit unseren Tauben noch fliegen können, scheint nicht so groß zu sein. Wir können nur hoffen, dass irgendwann im Mai/Juni für die Jungtauben die Ampel auf Grün geschaltet wird. Viel wird von der Entwicklung der Corona-Infektion in und rund um unser Land abhängen. Wenn wir nach China blicken, hat es da doch sicher vier Monate gedauert, bevor das normale Leben wieder ein bisschen in Gang kam.

China

Weil ich viele gute Freunde in China habe, wusste ich schon schnell, dass in Wuhan etwas gewaltig aus dem Ruder lief. Dort war es viel schlimmer, als wir hier in den Nachrichten hörten und sahen. Aber dort mussten die spezialisierten Ärzte auch den gesamten Prozess „lernen“, von der Symptomatik bis zur Diagnostik und Behandlung. Das gesamte Szenarium bekam die übrige Welt auf dem Präsentierteller überreicht, aber im Allgemeinen wurde mit Schulterzucken darauf reagiert, obwohl eine Reihe renommierter Virologen schon seit Jahren vor einer neuen Pandemie warnen. Aber da die Corona-Viren SARS und MERS nicht zu einer Pandemie führten, war die Politik nicht gut vorbereitet. Mitte Februar war ich bei einem FCI-Kongress in Katar und sah dort im Fernsehen, wie das Corona-Virus auf einem Kreuzfahrtschiff um sich griff. Das hätte wiederum ein Weckruf sein müssen. Hinterher darüber zu sprechen, ist immer einfach. Ich schrieb darüber am 16. Februar in einer Kolumne unter anderem über die Bedeutung der Ausbreitung der Infektion und über Quarantäne (Isolation) der potenziellen Träger und mit Sicherheit klinisch kranker Patienten. Was jetzt in Seniorenheimen passiert, ist mit der Situation auf einem Kreuzfahrtschiff vergleichbar: Menschen eng zusammen in geschlossenen Räumen. Für unsere Tauben gilt dasselbe. Was habe ich oft in der ganzen Welt von Südafrika bis China und USA und natürlich Europa große Ausbrüche des Paramyxovirus (PMV) gesehen. Übrigens auch mit wechselnden Symptomen.

Die Viren

Quarantänestationen für Tauben sind enorme Quellen für die Verbreitung von Viren und besonders das PMV. Und wenn mir dann tierärztliche Autoritäten sagen, dass eine Reihe der Jungtauben, die eingingen, Nervenerscheinungen hatten, ist meine Reaktion sofort: PMV!! Antwort des Amtstierarztes (der absolut keine Ahnung davon hat): „Nein, kein PMV sondern Circovirus.“ „Äh, pardon“, wie muss man dann reagieren? Ich fiel fast vom Stuhl und antwortet political correct: „Aha, das nennen wir bei uns PMV.“  Ende der Diskussion.
Diese Geschichte erlebte ich vor mehreren Jahren in Südafrika. Spezialisierte Tierärzte, die mit großen Gruppen von Tieren arbeiten, haben im Prinzip mehr Kenntnisse über Epidemien und sogar Pandemien (wenn sie international arbeiten) als Hausärzte. Was das betrifft, kann man auch von (internationalen) Taubenkrankheiten viel auf dem Gebiet der Epidemiologie lernen. Der renommierte Virologe Prof. Dr. Ab Osterhaus ist übrigens Tierarzt, und er ist zusammen mit Dr. Roel Coutinho und Prof. Dr. Goudsmit einer der Spezialisten, die zu Beginn dieses Jahrhunderts   das Szenarium, das sich über die ganze Welt erstreckt, vorhergesagt haben. Ikone Bill Gates hat dieses Katastrophenszenarium übrigens auch schon vor langer Zeit vorhergesagt.

Der Infektionsdruck

Worüber man nie jemanden reden hört, ist das Phänomen des Infektionsdrucks, etwas, das wir bei Tauben so gut kennen. Ich habe schon mehrmals darüber geschrieben. Die Frage ist, wie viele Viruspartikel (oder Bakterien) muss man aufnehmen, um infiziert und krank zu werden? Mit anderen Worten: Reicht ein Partikel schon aus oder nehmen wir in einem Epizentrum (Karneval, Après-Ski, Seniorenheim und Krankenhäuser) logischerweise ein Partikel oder mehrere zugleich auf? Und wie viel sind nötig, um krank zu werden? Das hängt unter anderem auch von der allgemeinen Widerstandskraft ab, aber auch davon, wie schnell man diese spezielle Widerstandskraft aufbaut. Daher kommen auch die großen Unterschiede bei den Krankheitssymptomen, die dieses Coronavirus hervorruft. Das gilt übrigens auch für unsere Tauben.

PMV

Verglichen mit unseren Tauben gibt es große Unterschiede. PMV ist viel ansteckender, die Inkubationszeit kann viel länger dauern, und die Symptome sind gegenwärtig auch viel unterschiedlicher, was die Diagnose manchmal schwierig macht. Und das umso mehr, als es nur ein paar Laboratorien gibt, die die Untersuchung machen dürfen und auch wollen, weil es eine meldepflichtige Krankheit ist. Es gibt derzeit viele neue Impfstoffe gegen alle möglichen Viren bei unseren Tauben. Wir haben einige an großen Gruppen von Tauben getestet. Es waren sogar Hunderte auf mehreren Schlägen mit selbst geschriebenen Protokollen und bei ausgewählten Taubenzüchtern. Von dem Kombi-Impfstoff PMV/Herpes sind wir jedenfalls nicht begeistert (Untersuchungen über mehrere Jahre).
Ich halte das Ergebnis dieser Untersuchungen für viel zuverlässiger als die Untersuchung eine Wissenschaftlers in einem Labor mit sehr wenig Tauben als Versuchstieren. Vor allem in Belgien ist diese Sorte von neuen Impfstoffen populär. Ich habe inzwischen mehrere bedeutende Schläge in Belgien gesehen, die große Probleme mit Ornithose/Herpes hatten und die mit dem Kombi-Impfstoff (PMV/Herpes) geimpft hatten.

Das Rota-Virus

Wir testen jetzt den neuen Kombi-Impfstoff gegen das Rota-Virus. Bei näherer Untersuchung stellt sich heraus, dass das Rota-Virus absolut kein neues Virus ist. Laut unseren deutschen Kollegen gibt es das so lange, wie es das „Adeno-Coli“-Syndrom gibt. Sie kamen auf die Idee, bei deutschen Tauben speziell nach diesem Virus zu suchen (krankes oder totes Material von gelagertem Gewebe von vor langer Zeit gestorbenen Tauben), und zwar anlässlich der schweren Rota-Virus-Infektion in Australien (Victoria) im Jahr 2017. Dort gab es bei alten und später auch bei jungen Tauben eine hohe Sterblichkeit. Wenn es so ist, dass das „Adeno-Coli“-Syndrom mit einer Rota-A-Virusinfektion identisch ist, gibt es dieses Virus bei unseren Tauben schon mehr als 40 Jahre. Bei allem Respekt vor den deutschen und polnischen Forschern finde ich, dass das in Hinsicht auf die Art der Entstehung und den sehr wechselhaften Verlauf der Krankheit, schwer zu begreifen ist.

Sobald ich mehr Informationen über den Wert des Rota-Kombi-Impfstoffs habe, werde ich euch das mitteilen. Hoffen wir, dass es hilft gegen die manchmal unbegreifliche plötzliche Sterblichkeit von Jungtauben, die in bester Verfassung waren. Ich habe festgestellt, dass es sich dabei auch oft um PMV ohne Symptome handelt. Todesursache ist dann Austrocknung innerhalb sehr kurzer Zeit, wahrscheinlich als Folge von Nieren- und/oder Leberproblemen.
Der wichtigste Rat für euch Taubenzüchter lautet: impfen gegen PMV ab 4 bis 6 Wochen und danach um eine höhere Immunität zu erreichen  (Boost) noch einmal nach weiteren 4 bis 6 Wochen.

Trichomoniasis und Hexamitiasis

Denkt auch an Trichomoniasis und Hexamitiasis. Dagegen wirkt dasselbe Medikament. Es gibt hervorragende, selbstverständlich registrierte Tierarzneimittel. Ich empfehle, eine Kur auf frischen Eiern während zirka 6 Tagen zu machen (Untersuchung des Verfassers, Diplomarbeit 1971 bei Dr. Stam, Universität Utrecht).

Die Schläge

Sorgt ansonsten jetzt, da unsere Schläge so voll sitzen mit potenziell hohem Infektionsdruck durch alles und noch mehr, dass die Schläge trocken und luftig, aber ohne Zugluft sind. Leichte Ornithose-Probleme behandeln wir in dieser Zeit außerhalb der Reisesaison aus Prinzip nicht (mit Kindergarten-Krankheiten vergleichbar), aber lasst die Dinge nicht aus dem Ruder laufen. Bei todkranken (Jung-)Tauben so schnell wie möglich den spezialisierten Tierarzt konsultieren. Glücklicherweise haben wir in den Niederlanden und Belgien die besten Taubenspezialisten der Welt und ausgezeichnete, gesetzlich registrierte Tierarzneimittel.  

P.S. Es wäre interessant, auch bei unseren Tauben zielgerichtet nach Corona-Viren zu suchen, weil bei vielen Tierarten viele verschiedene Corona-Viren zirkulieren. In diesem Zusammenhang wäre es auch spannend zu ermitteln, ob es in diesem Fall eine Art von Kreuzimmunität entstehen könnte.

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