Gewaltiger Betrieb in der Taubenpraxis

Es scheint so, als wären die Probleme in Bezug auf den Gesundheitszustand unserer Tauben in diesem Jahr ernster als in den vorhergehenden Jahren. Wir werden mit Fragen nach Hilfe aus der ganzen Welt überschwemmt. Vor allem telefonisch aber auch über E-Mails mit Fotos und kleinen Filmen von Tauben mit Problemen und selbstverständlich in der Klinik. Es hat den Anschein, als wäre unter dem Einfluss von laienhaften Verfassern von Artikeln die medizinische Begleitung ein bisschen in den Hintergrund gerückt worden mit vielen ärgerlichen Folgen.

Mit einflussreichen Taubenliebhabern aus aller Welt

Früher, im vorigen Jahrhundert (das scheint länger her zu sein, als es ist) gab es in den verschiedenen Taubenzeitungen auch Diskussionen und Auseinandersetzungen. Damals hatten wir allein in den Niederlanden etwa fünf Taubenzeitungen. Welch ein Luxus!

Tonangebend war damals das NPOrgaan der Familie de Zeeuw. In dieser Zeitung schrieben zufällig die großen Anhänger der „Futter-und-Wasser-Theorie“ (Arie van den Hoek). Aber darin schrieb auch regelmäßig ein Piet de Weerd, und das war ‚zufällig‘ mein brillanter Vater. Er war seiner Zeit weit voraus und hatte mehr oder weniger in Zusammenarbeit mit Apothekern, u.a. Harrie van Helvoort aus Breda, und Tierärzten aus dem In- und Ausland die medizinische Begleitung herausgefunden. Vater Piet machte die belgische Reisetaube in den USA, Mexiko, Deutschland, Südafrika und Asien berühmt. So machte er auch die wahrscheinlich beste Rasse, die es je gab, weltberühmt, und das war natürlich die der Gebrüder Janssen aus Arendonk. Diese großen Meister besuchte mein Vater unzählige Male in Gesellschaft von einflussreichen Taubenliebhabern aus aller Welt. Um nur einige zu nennen: Erich Heinemann (ehemaliger Präsident des DBV) vom gleichnamigen Modekonzern in Deutschland; Raymund Hermes (Fleischmagnat), weltweit bekannt, ein Phänomen aus Hamm an der Sieg und dem Saarland; Professor Anker aus Kaposvar (Ungarn), bekannt durch das prächtige Buch, bearbeitet und herausgegeben von Steven van Breemen (Die Kunst des Züchtens). Professor Anker beschäftigte sich mit der Genetik von Schweinen und versuchte, eine Rasse mit einer zusätzlichen Rippe zu züchten.

Als weltweit anerkannter Experte auf dem Gebiet der Auslese von Brieftauben wurde mein Vater regelmäßig von Prof. Anker konsultiert. Übrigens, auch von Prof. William Keeton von der berühmten Cornell University in Ithaka NY. Bei ihm ging es um die Vorauslese von Tauben, die Keeton für seine bahnbrechenden Forschungen über das Orientierungsvermögen unserer Brieftauben benutzte. Keeton war übrigens niemals bei den Janssens. Mein Vater besuchte ihn mehrmals an der Universität von Ithaka.

Olympische Spiele 1968

Des Weiteren erinnere ich mich an Miguel Galas Lavin, einen Busenfreund meines Vaters aus Mexico City. Er kam regelmäßig nach Breda und besuchte auch die Janssens. Ich besuchte Miguel zusammen mit meinem Vater im Jahr 1968, während der Zeit der Olympischen Spiele. Miguel besaß eine große Druckerei mit 600 Angestellten. Er druckte alle Eintrittskarten für die Veranstaltungen der Olympischen Spiele, und so konnte ich überall gehen und stehen, wo ich wollte. Miguel war befreundet mit dem mexikanischen Präsidenten López Portillos und mit Ramírez Vásquez, dem Präsidenten des mexikanischen Olympischen Komitees und Architekten von mehreren prächtigen Stadien. So kam es, dass ich persönlich vom Präsidenten des IOC, Avery Brundage eingeladen wurde, beim Auflassen der Tauben bei der Eröffnungszeremonie zu helfen, wobei Enriqueta Basilio das olympische Feuer entzündete.

Unterwegs mit Vater Piet

Ich erinnere mich auch noch an den deutschen bildenden Künstler Prof. Norbert Kricke, der ebenfalls ein Taubenfanatiker war, der vor langer Zeit in seiner ‚Hexenküche‘ ein großes Standbild aus Metall für die Universität von Bagdad schuf. Mit Vater auf dem Beifahrersitz und ich zusammengekrümmt hinten im Triumph Sportwagen fuhr er oft mit uns zu berühmten Belgiern.
Und nicht zu vergessen Prof. Jan Bonsma von der Universität Pretoria in Südafrika. Auch so ein respektierter Genetiker, der in Südafrika die ‚Bonsmara‘-Rinderrasse gezüchtet hat. Eine starke Leistung, denn diese Rasse ist resistent gegen Insekten, weil sie eine dickere Haut hat, durch die Moskitos und Zecken ihre ‚Ladung‘ an Blutparasiten nicht ‚injizieren‘ können. Auch Bonsma war ein begeisterter Taubenliebhaber und ein weiser Mann. Er stand unter dem Eindruck der Auslesetechnik meines Vaters, weil er gute Aarden-Tauben nach Südafrika gebracht hatte. Die Rasse, deren wichtigste Basistauben Piet de Weerd bei Jan Aarden eingeführt hatte. Die Story ist zur Genüge bekannt. Noch immer dominiert die Steenberger Rasse die Große Weitstrecke!

Futter-und-Wasser-Theorie

Doch genug damit, zurück zur ‚Futter-und-Wasser-Theorie‘ von Arie van den Hoek und die Diskussion darüber mit Piet de Weerd, dem Anhänger einer verantwortungsbewussten medizinischen Begleitung. Jeder Wissenschaftler, der etwas von Tauben kennt, stimmt damit überein, dass die ‚Futter-und-Wasser-Theorie‘ natürlich unsinnig ist. Es ist logisch, dass man bei Tauben, die jede Woche im Korb sitzen, mit Tausenden in den Containern, alle Krankheitserreger, die es gibt, finden kann. Aber dann folgt erst das echte Problem, und ich wiederhole es zum sovielten Mal: „Der Nachweis von potenziell gefährlichen Bakterien bzw. Viren muss nicht bedeuten, dass diese Tauben krank sind. Dafür ist mehr nötig, wie Verlust von Abwehrkräften, ein schlechter Schlag, schlechte Versorgung usw.“ Mit modernen PCR-Techniken können wir sozusagen 1 Bakterie finden, während beispielsweise 1000 nötig sind, um davon krank zu werden. PCR-Techniken sind teuer.

Unnötige Testen

Es gibt auch einfachere kleine Tests, Test-Kits, wenn man so will. Wir benutzen die auch. Die Ergebnisse sind oft leider unzuverlässig. Das routinemäßige Kontrollieren von dem Aussehen nach gesunden Tauben ist eine teure und vor allem sinnlose Tätigkeit, die nur für das Portemonnaie des betreffenden Herstellers gut ist. So wie das auch die früher tonangebende Universität für Taubenmedizin, nämlich die in Gent (heute Merelbeke) immer behauptete. Das Ergebnis einer Untersuchung hat erst dann Bedeutung, wenn der Keim (Bakterie/Virus) aus krankmachendem Gewebe (pathologisch verändertes Gewebe) stammt, Teil der Hypothesen von Koch. Der Krankheitserreger muss in ungewohnt großer Zahl im Patienten gefunden werden, aber nicht im gesunden Tier. Der Krankheitserreger muss isoliert werden können und dann weiter gezüchtet werden. Ein Versuchstier, das mit dem gezüchteten Erreger infiziert wird, muss dieselbe Krankheit bekommen.

Alle diese Ergebnisse, und wir werden täglich damit konfrontiert und darüber befragt, haben oft leider wenig Wert, weil das wirkliche Problem nicht analysiert wird. Vor allem die Laborergebnisse aus England liegen meiner Meinung nach oft daneben, aber auch in Frankreich und Spanien versteht man nicht viel von Taubenheilkunde. Und auf Websites und in Rundbriefen werden, vor allem in Belgien und den Niederlanden, schamlos komplette Unwahrheiten und sogar Unsinn verzapft.

Verantwortungsbewusster Gebrauch von Antibiotika

Als ich heute Morgen in meine Klinik kam und mit einigen Mitarbeitern über das Unwetter von gestern Abend plauderte, fiel mir auf, dass eine der Damen schon eine Zeitlang nicht mehr hustete und glücklicherweise schon längere Zeit nicht mehr krank gewesen war. Auf meine Frage, wie es käme, dass es ihr so gut ging, antwortete sie: „Ich nehme vorbeugend schon ein halbes Jahr lang Antibiotika, drei Mal pro Woche eine Tablette, und es geht mir gut. Jetzt baue ich das ab, um in den ‚heiklen‘ Monaten wieder, vorbeugend also, Antibiotika zu nehmen. Das alles selbstverständlich nur aufgrund des Rates und der Verschreibung des Lungenspezialisten.“
Und so könnte man noch viele Beispiele über den verantwortungsbewussten Gebrauch von Antibiotika nennen. Und mit der Resistenzproblematik ist es im Taubensport auch nicht so schlimm. Das wird übertrieben. Das stellen wir täglich fest, weil wir wie kein anderer mit Tauben zu tun haben und nach Behandlungen die Ergebnisse intensiv weiterverfolgen. Dadurch bekommt man enorme Erfahrungen, und man erlebt auch, dass Resistenzen in Taubenbeständen sich schnell verändern und verschwinden können. Ganz im Gegenteil zu dem, was manche Kollegen glauben machen wollen.

Europäische Gesetze und Vorschriften

Vor allem manche belgischen Kollegen sind etwas verkrampft, wenn es um Antibiotika geht, aber das kommt vor allem daher, weil sie nicht mehr damit arbeiten können. Jedenfalls denken sie, dass sie nur mit in Belgien registrierten Tierarzneimitteln arbeiten dürfen, und die gibt es fast nicht. Tierärzte dürfen in Europa auch nicht mehr selbst Medikamente zubereiten. Aber sie kennen die europäische Gesetzgebung nicht richtig, denn seit einiger Zeit gibt es in Belgien vor dem Gesetz keine Tauben mehr. In Belgien sind Tauben jetzt entweder:
1. Geflügel oder

2. Vögel.
Wenn sie nicht zum Schlachten bestimmt sind, sind Tauben einfach Vögel, und damit stimmt Belgien mit der europäischen Gesetzgebung überein. Dazu haben wir auch ein Steinchen beigetragen. Es stehen hervorragende, in Europa registrierte Tierarzneimittel für Tauben zur Verfügung. Auch u.a. in den Niederlanden, Belgien und Deutschland.

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