Probleme in Zusammenhang mit der Zucht
Zur Zeit, da beinahe jeder Taubenliebhaber mit der Zucht beschäftigt ist, werden wir regelmäßig mit den unterschiedlichsten Problemen konfrontiert. Das beginnt damit, dass die Tauben nicht oder nicht rechtzeitig legen. Normalerweise geschieht das etwa 10 Tage nach der Paarung, aber es gibt alle möglichen Ursachen, warum das nicht immer so verläuft. Mögliche Ursachen sind zum Beispiel zu fette Weibchen, zu junge oder zu alte Weibchen, aber auch Probleme am Eileiter und am Eierstock. Der Taubentierarzt muss versuchen, eine Diagnose zu erstellen, was manchmal nicht so einfach ist.
Legenot
Bei Legenot steckt ein fertiges Ei (meist das erste Ei) vor oder mitten in der Kloake fest und kommt, obwohl die Täubin presst, nicht heraus. Diese Situation darf nicht zu lange dauern, denn sonst können Verletzungen am Eileiter und auch innerhalb des Beckens entstehen. Manchmal steckt ein Ei noch so tief im Eileiter, dass man es kaum fühlen kann. Im Zweifelsfall machen wir eine Ultraschall- oder Röntgenaufnahme, wodurch wir Aufschluss bekommen. Durch eine Röntgenaufnahme bekommen wir übrigens ein deutlicheres Bild von der Situation als durch eine Ultraschallaufnahme.
Wenn die betreffende Täubin keine klaren Legenotsymptome zeigt, mit anderen Worten keinen dicken Bauch und keinen hohen Rücken hat, weiterhin normal frisst und normalen Kot absetzt, können wir einige Tage warten und davon ausgehen, dass wirklich zumindest ein Ei im Eileiter steckt (mit einer Röntgenaufnahme überprüfen, siehe Foto).
Wenn so ein fertiges Ei länger im Eileiter steckt, ist es mit ziemlicher Sicherheit unbefruchtet. Dann bleibt nur ein operativer Eingriff, um es zu entfernen, und der verläuft eigentlich immer gut. Narkose, ein kleiner Schnitt in die Haut bis zur Bauchhöhle und dann den Eileiter suchen. Das ist kein Problem, denn das Ei steckt gleichsam in einem Häutchen (der Eileiter an der Stelle, wo das Ei sitzt) und scheint weiß hindurch. Der Eileiter wird dann geöffnet und das Ei mit einem speziellen Instrument herausgeholt. Danach wird alles sorgfältig wieder zugenäht, und die Sache ist erledigt. Die Prognose ist gut, aber die Täubin sollte mindestens einen Monat nicht gepaart werden, damit alles gut verheilt.
Wenn das Ei schon teilweise in der Kloake steckt, kann man es mit Hilfe von etwas Gleitmittel, zum Beispiel Salatöl, herausmassieren. Die Taube in einen Korb setzen, den Korb ins Auto stellen und eine Runde damit fahren, wirkt manchmal auch Wunder. Man kann dann vorher auch noch eine Injektion mit einem Hormon geben, das bewirkt, dass sich der Eileiter ein wenig zusammenzieht. Es kann auch passieren, dass ein sogenannter Prolaps auftritt. Dabei wird die Wand der Kloake nach außen gestülpt. Man sieht dann eine blutige Masse. Man muss dann schnell eingreifen und das Ganze mit einer Antibiotikumsalbe behandeln und wieder zurückdrücken. Wenn sich der Prolaps immer wiederholt, muss eine sogenannte Tabaksbeutelheftung vorgenommen werden. Das alles sind Routinebehandlungen.
Paratyphus
Vor einem Monat mussten wir einen interessanten Fall lösen. Ein Spitzenzüchter aus den Niederlanden konsultierte uns mit einem besonderen Problem. Innerhalb weniger Tage saßen vier Täubinnen nach dem Legen des ersten Eies am nächsten Morgen tot auf dem Nest. Während wir in der Klinik mit der Sektion beschäftigt waren und die Untersuchungen begonnen hatten, kamen noch zwei weitere Täubinnen mit demselben Problem hinzu. Wir fanden selbstverständlich einen entzündeten Eileiter und ein paar Spulwürmer im Darm. Diese Würmer hatten natürlich NICHTS damit zu tun, und die Diagnose lag auf der Hand. Diese Art von Problem begegnet uns jedes Jahr mehrmals, aber sechs Täubinnen hintereinander war doch außergewöhnlich. Die von uns gestellte wahrscheinliche Diagnose, Paratyphus, wurde durch Kulturen aus dem Eileiter und dem Darm bestätigt. Eine schnelle Behandlung mit einem guten Antibiotikum und manchmal auch mit zwei Antibiotika, und das Problem war schnell gelöst. Es traten auch keine neuen Fälle mehr auf.
Wenn Eier absterben oder wenn Junge nicht aus dem Ei schlüpfen können, müssen wir auch immer an Paratyphus denken, obwohl es mehrere Ursachen für dieses Problem geben kann. Bei heranwachsenden Jungen im Nest können wir drei verschiedene Problemfälle unterscheiden. Das beginnt schon mit Sterblichkeit während der ersten drei Tage.
Es gibt mehrere Ursachen, die dafür verantwortlich sein können:
1. Coli-Infektionen der Kropfmilch (die Eltern sind kerngesund);
2. andere bakterielle Infektionen;
3. dunkle Nesteinlagen, die mit einem giftigen Desinfektionsmittel behandelt
wurden, u.a. aus China (zur Zeit selten in Gebrauch);
4. rote Blutläuse, die Blutarmut und späteren Tod verursachen können;
5. Vergiftungen.
Wenn die Jungen nach etwa zehn Tagen Stoppelfedern bekommen, können sie infolge von Paratyphus sterben. Das sehen wir sehr regelmäßig.
Dysbacteriose
Während dieser Periode tritt auch häufig eine Stoffwechselkrankheit auf, die mit schlechter Fütterung durch die Eltern einhergeht. Sie füttern ihren Jungen zu viel Wasser. Infolgedessen setzen die Jungen flüssigen Kot ab, die Elterntiere trinken viel, picken viel Grit und Mineralien auf und lassen oft den Mais liegen. Dieses Problem habe ich schon 1981 beschrieben. Wir nannten es Dysbacteriose* und bezeichneten damit eine Art schlechtes Funktionieren des Darmes (der Darmflora), wahrscheinlich im vorderen Teil des Dünndarms. Übrigens ist das meine persönliche Hypothese. Die alten Tauben können aufgrund von Austrocknung taumeln und sogar sterben.
Wenn man den Hintergrund nicht kennt, könnte man an Paramyxo, Paratyphus, Emtrylvergiftung usw. denken, aber mit fünf zielgerichteten Fragen kann die Diagnose mit fast 100% Sicherheit erstellt werden. Wir haben 1981 ein Mittel dafür entwickelt, das noch immer hervorragend wirkt. Eigentlich waren wir die Ersten, die diese speziellen Elektrolyte im Taubensport einführten.
Nach dem Absetzen ist es wichtig, die Jungen so schnell wie möglich gegen Paramyxo zu impfen!
* Die Wissenschaft nennt dieses Problem heute Pu/Pd, was die lateinischen Abkürzungen für Polyurie und Polydipsie sind, auf Deutsch: erhöhte Urinausscheidung und erhöhte Flüssigkeitsaufnahme. Das ist also einfach die Beschreibung der Symptome.
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