Probleme rund um das Doping-Reglement

Taubensport nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Zeit, in der bestimmte Schläge etwas später in der Saison (August/September) die Sterne vom Himmel flogen, liegt auch schon wieder viele Jahre hinter uns. Es begann dort, wo so viel im Taubensport begann, in Belgien. Von dort kommen auch die besten Tauben. Das ist eigentlich logisch, wenn man sich realisiert, dass die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden viel mehr Tauben beschlagnahmten als in Belgien. In den Niederlanden war 1945 so gut wie keine Taube mehr übrig. In Belgien gab es noch einige, die untergetaucht waren, und das waren natürlich nicht die schlechtesten. In dem Buch ‚Das Geheimnis der Meister‘, herausgegeben 1945, geschrieben von meinem Vater Piet de Weerd, beschreibt er, wie er zusammen mit Jef Oomens (für mich Onkel Jef) nach Belgien fuhr, um gute Tauben in die Niederlande zu holen, mit denen der Taubensport dort wieder auf die Beine gestellt werden konnte. Diese Aufgabe war ihnen von Dr. Bom, dem obersten Taubenzüchter der Niederlande übertragen worden. Er hatte im Sommer 1944 der Schlaggemeinschaft Gebr. Oomens-De Weerd einen Brief geschickt mit folgendem Text: „Ich hoffe, dass Ihr beim Wiederaufbau dessen, was vernichtet wurde, die Führung übernehmt.“ So wurde dem Taubensport in den Niederlanden nach vier Jahren Krieg unter der Initiative von den Gebr. Oomens und Piet de Weerd wieder neues Leben eingehaucht. Das ‚Geheimnis der Meister‘ war natürlich die Auslese, und auf diesem Gebiet war mein Vater schon damals ein Pionier!

Dopingliste

Die Superergebnisse in Belgien Ende des vorigen Jahrhunderts (was schon lange her zu sein scheint, aber das ist es nicht) kamen jedoch dank der Corticosteroide, und die stehen heute natürlich ganz oben auf der Dopingliste. Während einer Zeit von 35 Jahren sind die Corticosteroide, die in der Nebennierenrinde von Mensch und Tier gebildet werden, nach meiner Überzeugung die wichtigsten chemischen Stoffe, die das Leistungsvermögen unserer Reisetauben beeinflussen. Eigentlich ist das nicht einmal eine direkte Stimulierung sondern meiner Meinung nach eine Veränderung des Hormonhaushaltes der behandelten Tauben. Das hat sich auch als richtig erwiesen, denn durch Verdunkeln und Belichten erreicht man ebenfalls eine Verzögerung der Mauser, und genau darum geht es. Bei Tauben, die noch lange nicht bedingt durch ihre Hormone mit der Mauser ‚beschäftigt‘ sind, spielen die Geschlechtshormone eine wichtigere Rolle (Motivation) und deshalb fliegen sie schneller. Das ist eine Theorie, die ich nach vielen Jahren der Forschung aufgestellt habe.

Corticosteroide werden nicht mehr oft gebraucht, weil die Gefahr, erwischt zu werden, ziemlich groß ist und Dopingsünder schnell bestraft werden. Langsam aber sicher wurde auch auf andere Substanzen geachtet und eine Reihe von Gruppen genannt wie:

  1. Corticosteroide
  2. Anabole Steroide
  3. Nichtsteroidale Entzündungshemmer
  4. Beta-Antagonisten
  5. Diuretika oder ‚maskierende Stoffe‘, also Substanzen,
    die dazu führen, dass Dopingprodukte schneller
    ausgeschieden werden.

Das Merkwürdige oder sogar Bizarre an dieser ganzen Geschichte ist, dass sie eine Art Kopie des humanen und hippologischen Dopingreglements ist. Ich wage zu behaupten, dass so gut wie nichts über die Wirksamkeit all dieser Stoffe bei Tauben bekannt ist, ausgenommen über Corticosteroide. Nur wenige verstehen etwas davon, und es gibt kaum Untersuchungen. Das ist eigentlich auch nicht machbar. Die Untersuchungen sind unbezahlbar, und das umso mehr, als noch alle möglichen Schwellenwerte einkalkuliert werden müssen, die durch ‚Futterverunreinigungen‘ entstehen können.
Im menschlichen Sport ist die Dopingproblematik eine Wurstelei, obwohl dafür viel Geld zur Verfügung steht und die Messbarkeit viel größer ist. Man kann natürlich alles und noch mehr in eine Taube stopfen und das später wieder in den Ausscheidungen (Urin), im Blut oder den Federn messen, aber die Frage sollte heißen: „Beeinflusst das die Leistungen im positiven Sinn?“ Das kann bei Tauben beinahe nicht gemessen werden, und das umso mehr, weil sie noch mehrere (?) Tage im Korb sitzen.

 

 

Die Belgier haben eine sogenannt Rote Liste aufgestellt, die aus folgenden Gruppen besteht:

A. Liste der verbotenen Produkte
  1. Corticosteroide
  2. Bronchodilatoren einschließlich Beta-Agonisten
  3. Anabole Steroide
  4. Nichtsterodiale Entzündungshemmer
  5. Narkotische Analgetika
  6. Analgetika
  7. Mittel, die das Nervensystem beeinflussen
    einschließlich Koffein
  8. Synthetische Hormone und Wachstumsförderer

In dieser Liste sind ein paar Hundert Produkte aufgeführt und die Reihe wird ständig länger. Die Liste wurde von mehreren Tierärzten aufgestellt, die sich besonders für Reisetauben interessieren, aber meistens keine Vollzeittaubentierärzte sind, und die wie gesagt eine Kopie der humanen und hippologischen Dopinglisten ist, und von den darin aufgeführten Produkten weiß niemand, ob und wenn ja was sie bei unseren Tauben bewirken können.

Wenn ein Bestandteil entweder natürlich bei Tauben vorkommen kann (körpereigen) oder als Folge von verunreinigtem Futter gefunden werden kann, werden Entscheidungsgrenzen festgelegt, deren Werte deutlich höher liegen als die Werte, die durch körpereigene Bestandteile oder durch verunreinigtes Futter hervorgerufen werden. Aus diesem Grund werden nur deutlich erhöhte semi-quantitative Messwerte als Verabreichung eines verbotenen Stoffes angesehen. Diese Entscheidungsgrenzen werden nicht zur Veröffentlichung freigegeben, um Manipulation und Betrug auf Basis dieser Daten zu verhindern.

Wichtig zu wissen ist, dass bestimmte Pflanzen oder Schimmelpilze in niedrigen oder sogar höheren Konzentrationen Substanzen enthalten können, die in der oben stehenden Liste vorkommen. Obwohl nur außergewöhnliche Konzentrationen dieser Substanzen zu einer positiven Analyse führen, ist in jedem Fall davon abzuraten, Reisetauben derartige Pflanzen oder Schimmelpilze zu verabreichen. Jeder Züchter ist und bleibt verantwortlich für die (Extrakte von) Pflanzen und Schimmelpilze, die er seinen Reisetauben gibt. Dasselbe gilt für Produkte, die diese Pflanzen oder Schimmelpilze enthalten können: der Züchter (und nur der Züchter) ist und bleibt verantwortlich für die Produkte, die er seinen Tauben gibt.
Die meisten dieser Pflanzen und Schimmelpilze sind außerdem giftig und können ernsthafte Probleme für das Wohl der Tiereverursachen.

B. Manipulation

Produkte, mit denen die endogene oder exogene Konzentration von Substanzen im Kot/Urin und Federn geändert werden kann mit dem Ziel, die Korrektheit der Probe zu beeinflussen (u.a., aber nicht limitativ, Diuretika).
Alles in allem ein äußerst schwieriges Dossier mit sehr wenig wissenschaftlichem Knowhow, das mit enormen Kosten für teure Untersuchungen und kostspieligen strittigen Rechtsfällen einhergeht.

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