Tote Tauben, ein Albtraum für jeden Taubenzüchter

Wir haben jeden Tag viele Dutzend Kontakte mit Taubenliebhabern in der ganzen Welt und das schon seit 45 Jahren. Es gibt nur wenige Dinge, nach denen wir nicht gefragt wurden und werden, und immer müssen wir uns ernsthaft die vielen Probleme anhören, die uns (manchmal in 5 Sprachen) geschildert werden.

Die weißen Mützen

Vor Jahren habe ich einen portugiesischen Züchter am Telefon gehabt, der mir hoch und heilig versicherte, dass seine Tauben eine neue Krankheit hätten. Sie hatten ‚weiße Mützen‘, und seitdem   flogen sie nicht gut. Niemand in Portugal wusste Rat und darum hatte er ein paar Tauben eingepackt, sich in den Flieger gesetzt und ab nach Breda. Natürlich hatte ich ihm am Telefon gesagt, dass das ein ‚mechanisches‘ Problem wäre. Weil die Taube sich mit dem höchsten Punkt des Kopfes in zu niedrigen Aluminiumkörben am Deckel scheuert, verschleißen die Federchen an dieser Stelle. Das glaubte er, der ‚Schlaumeier‘, nicht und wollte doch nach Breda kommen. Unter den Mikroskop konnte ich ihm dann genau zeigen, wie die Enden der kleinen Federn auf dem Kopf wie Dachziegel übereinander liegen und dass genau am äußersten Rand der Verschleiß zu sehen war, wodurch dieses weiße Aussehen entsteht. Es liegt also kein Problem vor und hat mit der Form nichts zu tun.

Wenn die weißen Mützen auftreten, ist es um die Form geschehen“, während ein anderer Teil der Züchter sagt: „Wenn die weißen Mützen  erscheinen, beginnt die Form zu steigen.“ Das ist auch logisch, denn die Liebhaber der Kurzstrecke, die ihre Tauben schon wochenlang vor der Saison auf Witwerschaft haben, fliegen auf ungefähr 5 Flügen gut und danach schlechter (eine Sache von trockenem Schnupfen), und der andere Teil der Züchter beginnt bewusst später, weil sie ihre Tauben für die weiteren Flüge (Mittelstrecke, Eintagesweitstrecke) vorbereiten. 

Paratyphus

Da sieht man einmal wieder, dass man, vorausgesetzt man hat Sachverstand und unendlich viel Erfahrung, sehr viele Fragen sogar telefonisch beantworten kann. Ich hatte auch einmal einen Klienten aus dem Ural (Russland), der mit einem Korb voller Ziertauben kam. Die armen Tiere hatten Paratyphus, und es gab dort keine wirksamen Medikamente dagegen. Ziertauben sind anfälliger für Salmonellen (Paratyphus) als unsere Brieftauben. Sie werden in den sogenannten dritten Taubenländern kaum dagegen behandelt, dass der Infektionsdruck im Prinzip also größer ist. Das kommt daher, dass dort natürlich auch viel weniger auf Vitalität ausgelesen wird. Impfstoffe gegen Paratyphus wirken im Allgemeinen sehr ungenügend.

Ornithose

Der größte Teil der Fragen dreht sich um schlechte Leistungen nach zirka 5 Flügen. Das ist fast immer die Folge von ‚trockenem Schnupfen‘, einer Art von Ornithose.

Sterblichkeit Tauben

Bei einem anderen wichtigen Teil der angesprochenen Probleme geht es um Sterblichkeit von besonders Jungtauben! Wir können eine Liste über die Ursachen der manchmal hohen Sterblichkeit von Jungtauben anlegen. Wir haben gelernt, die Probleme so viel wie möglich zu ‚erfragen‘: Wie sehen die Symptome aus? Wie lange bestehen sie schon? Wie viele Tauben sind krank? In welchem Alter beginnen die Probleme? Wie viele sterben? Wie lange dauert der gesamte Krankheitsprozess? Geht es schnell, dann sind sie also nicht mager. Oder geht es langsam, dann magern sie also ab. Wie sieht der Kot aus? Grüngelb oder schleimig? Erbrechen die Tauben? Trinken sie viel (zu viel)? Sind sie gegen Paramyxo geimpft und wenn ja, mit welchem Impfstoff und vor wie langer Zeit? Gibt es Nervenerscheinungen? Andere besondere Symptome?

Wir haben festgestellt, dass mancherorts eine schwere unnormale E.Coli-Infektion herrscht, die manchmal durch eine PMV-Infektion ohne Nervensymptome verschlimmert wird. Die Tauben sterben sehr schnell, und ‚jeder‘ denkt, dass das etwas mit einem neuen Virus zu tun hat. So unter anderem auch deutsche Tierärzte von der Taubenklinik und sogar von der Universität Hannover. Ich habe darüber schon früher berichtet. Dort wurde behauptet, dass wir es mit einem neuen Virus zu tun hätten, aber nachdem die Züchter mit uns Kontakt aufgenommen hatten, diagnostizierten wir eine ernsthafte E.Coli-Infektion, die mit den richtigen Antibiotika in 3 Tagen gestoppt war. Solche Fälle haben wir dutzendfach in den Niederlanden, Belgien, Deutschland, England und Frankreich gesehen. Übrigens lassen wir die Tauben fast immer erneut mit einem wässrigen Impfstoff gegen Paramyxo impfen.

Taubenkongress Krakau

Über alle diese Probleme bei unseren Brieftauben aus meiner Praxis durfte ich am 7. und 8. Juni 2018 bei einem prestigeträchtigen Taubenkongress in Krakau (Polen) berichten. Nicht weniger als zwei Stunden hatten die Organisatoren für meine Lesung (eine Art College) vorgesehen. In dieser kurzen Zeit konnte ich viele Krankheiten Revue passieren lassen. Es gab dort viele interessante  wissenschaftliche Vorträge über Geflügelpest (Aviäre Influenza), Paramyxo und Rotavirus-Infektionen.

Rotavirus Australië

Das Rotavirus sorgte in den vergangenen anderthalb Jahren in Australien nach Aussage der Forscher unter Leitung von Dr. Colin Walker für große Probleme bei alten und jungen Tauben, wobei die Tauben schnell starben. Als ich im vorigen Jahr von australischen Tierärzten während einer Livesendung des australischen Rundfunks um Rat gefragt wurde, erinnerte mich die ganze Geschichte sehr stark an die tödliche Adeno-Typ-II-Infektion, die ich 1991 in Brabant erlebte. Tausende von toten Tauben innerhalb eines Tages, nachdem sie krank geworden waren. Die wichtigsten Symptome dabei waren Apathie, knallgelber Kot, völlige Appetitlosigkeit, ein bisschen Trinken, und totale Erschlaffung (schwammartig) der Brustmuskeln. Schneller Tod innerhalb von 18 Stunden, während sie stark keuchten. So ähnlich sollte laut Aussagen der Australier auch die Victoria Pigeon Rotavirusinfectie verlaufen.
Deutsche Forscher veröffentlichten 2017 in der deutschen Verbandszeitschrift „Die Brieftaube“ einen Artikel über die Situation in Australien. In 30% der Fälle stellte sich heraus, das es sich um Paramyxo handelte, was mich absolut nicht überraschte, denn das sehen wir in Europa auch oft. Unsere Diagnose bei dieser Art schnellem Tod lautet E.Coli, manchmal in Kombination mit PMV. Nach Verabreichung des richtigen Antibiotikums plus einer Notimpfung gegen PMV am besten mit einer wässrigen Lösung und nicht mit einem weißen öligen Adjuvanz-Impfstoff sahen wir in 90% der Fälle eine sehr schnelle Besserung. Die Sterblichkeit kam ziemlich schnell nach der 5-tägigen Kur und der PMV-Impfung zum Stehen. Auch wenn sie schon einmal geimpft waren, ist es sehr zu empfehlen, sie noch einmal zu impfen.

 

Dieselben deutschen Forscher machten sich nach reiflicher Beratung mit Dr. Colin Walker auf die Suche nach Rotaviren bei toten Jungtauben in Deutschland, die Symptome des ‚Adeno-Coli-Syndroms‘ (oder auch Jungtaubenkrankheit genannt) gezeigt hatten und das besonders bei den Fällen, bei denen der Tod schnell eingetreten war. Und tatsächlich wurden bei einer Reihe von Fällen auch Rotaviren gefunden. Die Forschung ist in vollem Gang, und die Ergebnisse können noch nicht richtig ausgewertet werden. Wie Sie wissen, war vor knapp zehn Jahren ‚jeder‘ (außer mir) in heller Aufregung über das Circovirus. Das war nach Meinung vieler die Ursache für ‚alles und noch mehr‘ an Taubenelend, unter anderem ‚Adeno-Coli‘. Aber es stellte sich heraus, dass das absolut nicht so war, was mich auf jeden Fall also nicht überraschte.

Rotavirus in Europa

Und nun also das Rotavirus. Durch unsere Praxis in Colchester bei London kenne ich das Rotavirus schon seit mehreren Jahren. Das findet man manchmal in den Sektionsprotokollen der von uns beauftragten Laboratorien. Dieses Virus hat mich noch nie in dem Sinn überrascht, dass ich dachte, dass es die Ursache für große Probleme wäre. Noch nie habe ich eine große Sterblichkeitsrate aufgrund dieses Virus‘ gesehen und es ist ganz sicher nicht mit dem australischen Victoria Pigeon Rota Virus vergleichbar.
Als mich Dr. Colin Walker in Krakau fragte, was ich über den Fund des Rotavirus bei kranken Jungtauben in Deutschland dächte, antwortete ich ihm respektvoll, dass ich hoffte und voraussetzte, dass wir hier in Europa, obwohl das Rotavirus gefunden worden war, doch nicht den Schluss ziehen könnten, dass nun auf einmal das Rotavirus die Ursache für den tatsächlich manchmal schnellen tödlichen Verlauf der Jungtierkrankheit (Adeno-Coli-Syndrom) sein sollte. Und das umso mehr, als hier, anders als in Australien, nur selten alte Tauben sterben. Was wir allerdings feststellen, ist, dass in den vergangenen 15 Jahren auch alte Tauben eine sehr milde Form von Adeno-Coli bekommen können. Diese ersten Fälle kamen, nebenbei bemerkt, vor etwa 15 Jahren an einem Sonntagmorgen aus dem Saarland zu mir in die Praxis. Diese Fälle wurden allerdings schnell und zielgerichtet mit den richtigen Antibiotika geheilt.

Für viele Taubenzüchter und Tierärzte ist das alles etwas kompliziert, wovon die zahlreichen ‚Fälle‘ die an uns weitergeleitet werden, zeugen.

Letztendlich gibt es in der ganzen Welt nur ein paar Tierärzte, die wirklich etwas von Taubenkrankheiten verstehen. Und die kommen ohne Ausnahme aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland. Ich versuche fast immer, kollegial zu sein, aber ärgere mich immer mehr über die Stümperei von Kollegen. Und der arme Taubenzüchter kann das nicht richtig beurteilen und wird besch…, während er dabei steht.

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