Über Viren und Impfstoffe

Die Corona-Viren, die SARS und MERS verursachen, kennen wir schon seit vielen Jahren.
SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) schon aus Guangdong, China im November 2002 und MERS (Middel East Respiratory Syndrome) aus Saudi Arabien im September 2012. Diese Krankheiten wurden durch schnelle und wirksame Quarantänemaßnahmen rechtzeitig eingedämmt. Das ist auch der Grund, warum sich die Industrie nicht damit befasst hat, einen Impfstoff zu entwickeln. Wie Sie inzwischen wissen, kostet die Entwicklung und Produktion eines wirksamen und sicheren Impfstoffes viele Millionen. Außerdem dauert es im besten Fall anderthalb Jahre, bevor so ein Impfstoff auf den Markt kommen kann, es sei denn, dass eine Notsituation besteht und eine Reihe bürokratischer Schritte beschleunigt bzw. überschlagen werden könnten.

Es ist selbstverständlich eine versäumte Chance, dass während dieser ersten Coronavirusperioden nicht durchgegriffen und ein Impfstoff entwickelt wurde. Aber die pharmazeutische Industrie versprach sich angesichts der geringen Bedeutung und des Einflusses von SARS und MERS ganz allgemein keine Verdienstmöglichkeit, wenn sie einen Impfstoff entwickeln würde. Wäre das gemacht worden, hätten wir jetzt eine fertige ‚Blaupause‘ für dieses neue Corona-Virus ‚COVID-19‘ auf dem Tisch liegen. So etwas wie „das Haus ist fast fertig, nur das Dach muss noch darauf“. Wäre das der Fall, hätten wir einen enormen Zeitgewinn verbuchen können!

Impfstoffe

Wie Sie sehen, gibt es viele Viren mit allerlei Varianten und Typen und Subtypen, und wie wir von den Influenza-Viren wissen, ist es sehr schwierig, jedes Jahr einen ‚guten Impfstoff‘ mit den richtigen Varianten (Subtypen) des Virus‘ darin zu machen. Zum Glück gilt das nicht für alle Impfstoffe, die wir für bestimmte Viruskrankheiten entwickeln. Für Paramyxo (PMV) bei unseren Tauben gilt das zum Beispiel nicht, obwohl wir doch stark den Eindruck haben, dass sich hier in den letzten Jahren etwas verändert. Wir haben im Verlauf von fast 40 Jahren (1982 – 2020) gesehen, dass sich die Symptome etwas verändern. Das kann bei der klinischen Diagnostik zu Problemen führen, denn kein Institut reißt sich darum, das Virus zum Beispiel durch die PCR-Methode nachzuweisen. Ein Grund ist, dass Taubentierärzte kein Interesse daran haben, als ‚Übeltäter‚ abgestempelt zu werden, wenn sie die Diagnose PMV stellen und der Taubensport in einem großen Umkreis um den betreffenden Schlag zum Stillstand kommt.

‚Impfknubbel‘

Die ersten Impfstoffe, die wir gegen PMV hatten, waren Geflügelimpfstoffe von weißer Farbe auf Ölbasis. Sie waren sehr wirksam, aber die Nebenwirkungen waren unerfreulich. Es gab zu viele ‚Impfknubbel‘ im Nacken der Tauben. Wir nennen das Granulome. Das ist sehr störend für die Tauben, die meisten kommen danach nicht mehr in Form. Diese Impfstoffe waren auf Basis des Geflügel-PMV-Virus Typ 1 auf Basis des La Sota-Virusstammes entwickelt. Ich habe schon 1983 darauf hingewiesen und auch dagegen agiert. Ich hoffte damals auf die Entwicklung eines sicheren Impfstoffes in Form eines Sprays, wie es auch bei Hühnern gebraucht wird. Aber das war nur eine zeitlich begrenzte Lösung. Bei Tauben gebrauche ich diese Methode, aber dann als Augen-/Nasentropfen und nur bei einem PMV-Ausbruch bei Nestjungen, die durch PMV sterben (eine sogenannte Notimpfung). Häufig tritt eine schnelle Besserung ein und die Sterblichkeit der mit PMV infizierten Jungen wird gestoppt. Als Routine PMV-Impfung ist diese Notimpfung nicht wirksam genug und viel zu kurze Zeit effektiv.

Später hat die Firma Philips Duphar aus Weesp mit Columbovac PMV begonnen, einem hervorragenden Impfstoff auf ‚wässriger‘ Basis mit dem La Sota-Stamm. Dabei gibt es keine Impfknubbel, und es wirkt hervorragend. Danach kam ein spezieller Impfstoff, der auf einem Taubenstamm basiert. Wir bezeichnen das als homologen Impfstoff. Das war zwar wieder ein weißer Impfstoff mit einem Mineralöl als Hilfsstoff. Manchmal gibt das Impfknubbel, die regelmäßig zu fühlen und zu sehen sind, wenn manche Tauben eine gute Woche nach  dieser Impfung nicht gern auffliegen, sondern lieber auf dem Fußboden umherlaufen. Unsere Frage an den betreffenden Taubenkunden lautet dann immer: „Können sie wohl fliegen oder wollen sie nicht gern im Schlag auffliegen?“ Wenn ich dann eine bejahende Antwort bekomme, sage ich: „Fühlen Sie einmal im Nacken der betreffenden Taube, aber sie muss dann einen leeren Kropf haben, sonst fühlt man nur das Futter.“ Dann sagt der Taubenzüchter oft: „Ja, verflixt, ich fühle einen Knubbel. Woher wissen Sie, dass sie vor zirka 10 Tagen tatsächlich mit einem weißen Impfstoff geimpft wurden?“ Meine Antwort: „Weil ich mich mein ganzes Leben lang mit Tauben beschäftige, und während der letzten 48 Jahre ist es mein mein Beruf. Es gibt wenig, was man dann noch nicht gesehen hat.“

Auf jeden Fall ziehe ich wässrige Impfstoffe (also ohne mineralische Öle) den weißen Impfstoffen auf Ölbasis bei Weitem vor. Weil die Taubenvariante des PMV-Virus‘ sich ein bisschen verändert hat, wie man an veränderten Symptomen erkennen kann, könnte es unvermittelt passieren, dass dieser homologe Impfstoff, der theoretisch besser wirken müsste, ein bisschen von seiner Wirkung einbüßt. Nähere Untersuchungen scheinen mir wünschenswert zu sein.

Herpes 2

Schließlich habe ich auch noch über etwas, das sehr aktuell ist zu berichten, und zwar über das von mir als Erstem beschriebene Krankheitsbild, das ich Herpes Typ 2 nenne. In den siebziger Jahren wurde ich zum ersten Mal von Taubenzüchtern mit todkranken Jungtauben konsultiert, die alle (100%) innerhalb von zirka 5 Tagen an einer bis dahin unbekannten Krankheit starben. Die Augen der Tauben, die etwa 6 Wochen alt waren, waren zugeschwollen mit Schorf und/oder Hautschüppchen und im Schnabel sah ich lose gelbe Schuppen auf den blutroten Schleimhäuten des Schnabels und der Kehle. Ich erinnere mich noch, dass ich diese toten und kranken Jungtauben an den Gezondheidsdienst voor Pluimvee (Gesundheitsdienst für Geflügel) in Doorn schickte, einem zu der Zeit tonangebenden Institut. Dabei kam keine Diagnose heraus! 

Später habe ich noch hier und da versucht, etwas zu erfahren, aber  immer mit negativen Reaktionen. Doch ein paar Jahre später bekam ich plötzlich von einem Institut die Diagnose Herpesvirus. Was auffiel, war der Grad der Ansteckungsfähigkeit: ziemlich hoch. Immer wieder die sehr typischen Krankheitssymptome: zusammengesunken dasitzen, total aufgeplustert, nicht fressen, nicht trinken, dunkelgrüner schleimiger Kot und natürlich die geschlossenen Augen mit Schorf und die gelblichen Schuppen im Schnabel/Kehle. Was mir ferner auffiel, war, dass oft zwei Tauben aus einem Gelege starben, nicht gleichzeitig sondern manchmal mit einem Unterschied von Wochen.
Oft starben auch bei bestimmten Paaren die Jungen aus einem späteren Gelege. Den Eltern fehlte augenscheinlich absolut nichts. Des Weiteren war auffallend, dass ich dieses Herpes-2-Problem nur ein einziges Mal bei Tauben sah, die älter als 1 Jahr waren, und das war vor etwa 40 Jahren bei einem Spitzenzüchter aus Merksem (B). Es ist doch eine verhängnisvolle Krankheit, weil alle Jungen, die sie bekommen, etwa 5 Tage nach den ersten wahrnehmbaren Symptomen tot gehen.

Herpes 2

Ungefähr 70% oder mehr all unserer gesunden Tauben sind Träger von diesem Herpesvirus, was in allen diesen Jahren selten ein Problem war. Dieses überall latent vorhandene Herpesvirus nenne ich der Einfachheit halber Herpes Typ 1.

Kombi-Impfstoff

Aber was derzeit geschieht, macht mir große Sorgen. Ich sehe viele Schläge, vor allem in Belgien, auf denen die Tauben mit entweder dem Kombi-Impfstoff PH (Paramyxo, Herpes) oder dem Kombi-Impfstoff (Paramyxo, Herpes, Adeno) geimpft wurden. Ich stelle in zu vielen Fällen fest, dass die Tauben trotzdem Herpes bekommen und innerhalb von 5 Tagen sterben. Katastrophal! Ich bekomme sogar den Eindruck, dass sich das Virus durch die Impfung ausbreitet. Nie zuvor sah ich während meiner seit 1972 währenden Laufbahn als Taubentierarzt so viel tödliche Herpeserkrankungen bei Jungtauben wie 2020. Und nie zuvor wurde so viel gegen Herpes geimpft! Schon seit Jahren schreibe ich, dass Herpes-Impfstoffe bei Tauben nicht wirken.

Es scheint kein Zufall zu sein, dass so ziemlich alle Problemschläge mit dem Kombi-Impfstoff gegen Herpes geimpft haben. Und zu allem Überfluss möchte ich noch einmal sagen, dass es, wenn man gegen Herpes geimpft hat und die Krankheit (Gott sei Dank) nicht bekommt, das absolut nicht sagen will, dass die Impfung gewirkt hat. Nein, weil der größte Teil der Tauben die Krankheit sowieso nicht bekommt, mit anderen Worten: Wenn man die Tauben mit „gekochtem Wasser“ gegen die Krankheit ‚XYZ‘, z.B. Herpes, Adeno und Circo impfen würde und sie bekämen diese Krankheit nicht, bedeutet das nicht, dass dieser Impfstoff gewirkt hat! Wir Taubentierärzte bekommen alle diese Fälle, bei denen der Impfstoff nicht gewirkt hat, und dann hat man ein reales Bild von der (Un-)Wirksamkeit des Impfstoffes.
Dazu kommt auch noch, dass bei den weißen Impfstoffen die Gefahr besteht, die Nacken aufgrund der Granulombildung ‚kaputt‘ zu spritzen, und dann weiß man, dass das Mittel schlimmer ist als das Leiden.

Meine Erfahrungen bei Praxisuntersuchungen mit dem neuen Kombi-Impfstoff gegen Rotaviren werden genau aufgezeichnet. Ich denke, dass ich in zwei Monaten mehr darüber sagen kann. Ich halte Sie darüber auf dem Laufenden, denn das ist wichtig für den Taubensport.

P.S. Auf einem Schlag, auf dem Herpes 2 ausgebrochen ist, können die ‚kranken‘ Jungtauben nicht mehr geheilt werden, sobald die ersten gelben Schüppchen und entzündete Augen zu sehen sind. Merkwürdigerweise habe ich schon in den siebziger Jahren entdeckt, dass man die Ausbreitung dieses tödlichen Herpes 2 stoppen kann, indem man den noch gesunden Jungtauben ein spezielles Antibiotikum  einspritzt (also keine Impfung). Wie das wirken kann, verstehe ich nicht. Die einzige Erklärung ist, dass es wahrscheinlich eine Art bakteriellen Trigger gibt, der dem Virus die Möglichkeit verschafft, wirksam zu werden, und wenn dieses bakterielle Element  ausgeschaltet wird, hat das Virus keine Chance mehr.

Das wäre ein interessantes Thema für die Doktorarbeit eines ehrgeizigen jungen Taubentierarztes.

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